Eure Lieblingsgedichte

Ist zwar schon ein etwas älterer Beitrag, aber ich dachte mir, ich schreib auch was dazu.
Mein Lieblingsgedicht stammt aus dem Buch The Sun And Her Flowers von Rupi Kaur und wurde auf Englisch verfasst:

it was when i stopped searching for home within others
and lifted the foundations of home within myself
i found there were no roots more intimate
than those between a mind and body
that have decided to be whole
- rupi kaur
 
Es ist mein Lieblingsgedicht

Der Tod der Geliebten

Er wußte nur vom Tod, was alle wissen:
daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,
hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
und als er fühlte, daß sie drüben nun
wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
und ihre Weise wohlzutun:
Da wurde ihm die Toten so bekannt,
als wäre er durch sie mit einem jeden
ganz nah verwandt; er ließ die andern reden
und glaube nicht und nannte jenes Land
das gutgelegene, das immersüße –
und tastete es ab für ihre Füße.
(Rainer Maria Rilke)
 
Kann sehr komisch vorkommen aber ich mag die Ballade von Goethe:Erlkönig. Es hat so ein tiefen Sinn hinter den Worten.
 
Wünschelrute

Schläft ein Lied in allen Dingen
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.

Joseph Freiherr von Eichendorff
 
Ein Mensch der sich ein Schnitzel briet,
erkannte daß es ihm mißriet.
Doch da er selber es gebraten
tut er als wär es ihm geraten
und um sich nicht zu strafen Lügen
ißt er's mit herzlichem Vergnügen.

Eugen Roth
 
Der Panther

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris
 
Novembermorgen

Novembermorgen hat verschlafen
Novembermorgen lacht nicht mehr
Novembermorgen kennt nur Härte
Novembermorgen träumt so schwer
der Baum gibt seiner Blätter gleichmütig fort
und der Absinth bringt mir Gesichte
ich leb an einem anderen Ort

mnh - du bist mein Lot
mnh - kenn keine Not

Novembermorgen hat Gesichter
wie ein Clown im Zirkuszelt
Novembermorgen will nur spielen
Spielball sein in dieser Welt
er trägt so viele Masken
täusch dich nicht in dem Gesicht
bin ein Novembermorgen
zeig mir deinen Rücken nicht

Novembermorgen hat geschlafen
Novembermorgen fühlt sich stark
Novembermorgen zeigt die Zähne
weil er die Liebe hat
ich hab noch so viele Fragen
leg mich noch nicht aufs Ohr
hol mir die Kraft aus Sommertagen
und lebe im November davon
hol mir die Kraft aus Sommertagen
und lebe im November davon

auch wenn du nicht mehr bei mir bist
wenn du schon mit ändern lebst
du bleibst in mir, mein Leben
bleibst mein Lieb
mein Leid
mein Leben
in mir, bleibst mein Lieb
mein Leid, mein Leben
Künstler
Klaus Hoffmann
Titel
Novembermorgen
 
An die Freunde
Wieder einmal ausgeflogen,
Wieder einmal heimgekehrt;
Fand ich doch die alten Freunde
Und die Herzen unversehrt.
Wird uns wieder wohl vereinen
Frischer Ost und frischer West?
Auch die losesten der Vögel
Tragen allgemach zu Nest.
Immer schwerer wird das Päckchen,
Kaum noch trägt es sich allein;
Und in immer engre Fesseln
Schlinget uns die Heimat ein.
Und an seines Hauses Schwelle
Wird ein jeder festgebannt;
Aber Liebesfäden spinnen
Heimlich sich von Land zu Land.

Autor: Theodor Storm